Höhlenforschungstauchen - Eine Spezialdisziplin in der Höhlen- und

Karstforschung

Der Höhlendecke taucht ins Wasser an. Der Weiterweg ist versperrt. Jetzt können nur noch Höhlentaucher diesen sogenannten "Siphon" überwinden

 

 

HÖHLENTAUCHEN – Glasklares blaues Quellwasser, neue Tauchtechnologien, die psychologische und physiologische Herausforderung, Abenteuerkick und Adrenalingarantie. Dies sind meist die gängigsten Vorstellungen, warum in Unterwasserhöhlen getaucht wird. Ich möchte versuchen die Faszination des Höhlentauchens zu beleuchten. Was ist der Grund, warum immer mehr Höhlenforscher und vor allem Sport- oder sogenannte "Technische Taucher" sich dem Tauchen in Höhlen zuwenden. Ich möchte aufzeigen, dass es nicht nur die oben genannten Gründe sind, sondern ein wissenschaftliches Interesse und Freude, die faszinierende Welt der Höhlen zu erkunden und zu verstehen. Anhand einiger Beispiele möchte ich darstellen, inwieweit der wissenschaftlich interessierte und tauchende Höhlenforscher einen wertvollen Beitrag zur Höhlen-und Karstforschung leisten kann.

 

 

Höhlentauchen ein extremes Randgebiet

 

Überflutetete Höhlenpassagen, die einen „trockenen“ Weiterweg verhinderten, ermutigten Höhlenforscher sich mit dem Tauchen in Höhlen auseinander zusetzen. Von den ersten Freitauchgängen bis hin zu den heutigen Extremtauchgängen entwickelte sich eine eigene Spezialdisziplin, die zu den anspruchsvollsten und risikoreichsten Befahrungstechniken der Speläologie zählt.

 

 

 

Warum Höhlentauchen?

 

In erster Linie sind hier folgende Gründe zu nennen:

 

  1. Die Neugierde am Unbekannten und zu erfahren, wie es hinter einer wassergefüllten Passage, einem Siphon weitergeht – Neues zu entdecken – Der Forschungsdrang des Menschen -Wieder Lufterfüllte Höhlenabschnitte zu erreichen
  2. Als erster Mensch einen Höhlengang zu sehen und zu betauchen, den noch nie zuvor ein Lichtstrahl erhellt hat
  3. Eintauchen in das faszinierende Blau einer Quelle, das Spiel des Lichtes.
  4. Das Wirken von Fels und klarem Wasser in einer so menschenfremden und intensiven natürlichen Umgebung.
  5. Das Erleben einer extremen psychologischen und physiologischen Belastung und dem richtigen Umgang damit. Die Sucht nach Adrenalin, nach sportlichen Höchstleistungen - die Herausforderung etwas außergewöhnliches zu tun - Leider erhöht dieser Aspekt das Unfallrisiko, welches beim Höhlentauchen sehr hoch ist
  6. Der Reiz am „technischen Tauchen“, dem Entwickeln immer neuer Ausrüstungsgegenstände und die Freude am Benutzen der jeweiligen „höhlenspezifischen“ Spezialausrüstung.
  7. Naturkundliches Interesse und die Fähigkeit sich höhlenkundlichen Aufgaben und Rätseln zu stellen und deren Lösung zu erarbeiten.

 

Das ein naturkundliches und höhlenkundliches Interesse an letzter Stelle der o.g. Aufzählung genannt wird, hat nichts mit der Wertigkeit dieses Beweggrundes zu tun. - Fakt ist, auch kein wissenschaftlich arbeitender Höhlenforscher taucht beim ersten Mal in eine Unterwasserhöhle, weil ihn die geologischen Aspekte, die Entstehung der Höhle oder vorhandene Lebewesen interessieren! Es stehen meines Erachtens immer einige der zuerst genannten „emotionalen“ Aspekte mit im Vordergrund. Das abenteuerliche Flair einer „trockenen“ Höhlenbefahrung setzt sich auch bei einem Tauchvorstoß ins Unbekannte „Neuland“ fort.

 

Dem Höhlentaucher erschließen sich nahezu die gleichen Betätigungsfelder und Forschungsgebiete wie bei der Erkundung von lufterfüllter Höhlen. Aufgrund der meist extremeren Umgebungsbedingungen und körperlichen Belastungen sind verwertbare Ergebnisse jedoch deutlich  schwieriger zu erzielen. Umso höher ist der Beitrag des Höhlentauchers zu beachten der Ergebnisse aus einer Unterwasserhöhle liefert.

 

 

 

Höhlenkundliche Aspekte bei der Tauchforschung  


Da in populärwissenschaftlichen Zeitungsartikeln und Fernsehberichten meist die emotionalen Beweggründe des Höhlentauchens im Vordergrund stehen, sollen nachfolgend einige wissenschaftlich motivierte Ansatzpunkte aus Sicht der Höhlenkunde erläutert werden. Sie sollen Anregen eine Unterwasserhöhle nicht nur als Sportgerät und „Adrenalinkick“ zu erleben, sondern vielmehr ein Verständnis für die faszinierenden naturkundlichen und wissenschaftlichen Aspekte und Betätigungsfelder zu entwickeln.

 

Höhlenvermessung

 

Der Höhlenplan dient dem Verständnis und der Einordnung des Karstobjektes und ist Teil der Höhlendokumentation. Er ist ein wichtiges Dokument und sollte von allen Höhlenforschern gelesen und verstanden werden können. Ein Plan beschreibt die Höhle mit ihren Inhalten. Eine Höhle kann so direkt mit anderen Höhlen verglichen werden. Eine möglichst genaue Zeichnung der Höhle stellt die wichtigste Arbeitsgrundlage für weitere Betrachtungen und Aussagen in den vielfältigen Teilgebieten der Speläologie wie zum Beispiel der Geologie, Hydrogeologie, Biologie, Zoologie, Archäologie usw. dar.

Des weiteren sind Höhlenpläne eine wichtige Basis und Notwendigkeit bei Rettungseinsätzen und Höhlenunfällen. Wer in Unterwasserhöhlen vermessen möchte, sollte bereits über die ausreichende Praxis in der Vermessung von Trocken- und Flusshöhlen verfügen. Die beiden Hauptprobleme bei der Vermessung von völlig wassererfüllten Hohlräumen stellen die eingeschränkte Kommunikation, die häufig schlechten Sichtbedingungen und die Kälte dar. Sinnvolle und gute Höhlenpläne können nur dann entstehen, wenn die Strategie des Vermessungstauchgangs im Vorfeld genau geplant wurde. Um sich völlig auf die Arbeit unter Wasser konzentrieren zu können, muss der Umgang mit der Höhlentauchausrüstung trainiert und perfektioniert werden. Das Tauchen wird während der Vermessung zur gefährlichen „Nebensache“ bei der Sicherheitsaspekte und Kontrollroutinen (Flaschendruck, Nullzeit usw.) nicht vernachlässigt werden dürfen.

 

 

 

Geologische und hydrogeologische Aspekte

 

 - Wo und in welchen Gesteinsschichten verläuft die Höhle, der Siphon?

 - Wann und wie sind Höhlen und die Gesteinsformationen entstanden?

 - Welcher geologische und hydrologischer Zusammenhang besteht?

 - Klimakunde?

 - Wo liegt das Einzugsgebiet einer Quelle?

 - Wie ist das Schüttungs- und Strömungsverhalten einer Quelle oder Flusshöhle?

 - Welche Möglichkeiten bestehen hinsichtlich der Trinkwassergewinnung / 

    Nutzung?

 - Welchen Einfluss hat der Mensch auf das Grundwasser?

  - Wie ist die Wasserqualität zu bewerten und zu erhalten – Grundwasserschutz?

 

 

Biospeläologische Fragestellungen

 

 - Was lebt in den Grundwasserleitern & Höhlen?

 - Entdecken neuer Arten und Gattungen von Höhlenbewohnern

 - Welche Zusammenhänge und Lebensformen bestehen unter

   Höhlenbewohnern?

 - Welchen Einfluss haben Bakterien auf die Bildung von Höhlen?

 - Wie können biologischen Lebensformen unter den extremen

   Bedingungen einer Höhle überleben?

 

 

Archäologische Fragestellungen

 

 - Welche Tiere und Menschen lebten wann und wie in den Höhlen oder an  den

   Quellen?

 - Wurden die Höhlen und Quellen als Opfer– und rituelle Plätze verehrt?

 - Welchen Nutzen hatten die Menschen von Höhlen und Quellen?

 

 

 

 

Zusammenfassung

 

Neben dieser Auswahl an wissenschaftlichen Bereichen der Höhlenkunde gibt es eine Vielzahl weiterer, hier ungenannter Teilgebiete und Forschungsansätze, die durch die Höhlentauchforschung unterstützt werden können - Aber auch hier gilt:

 

"Nur diejenigen Ergebnisse, die ausgewertet, publiziert und anderen zur Verfügung gestellt werden, helfen unsere faszinierende Welt der Höhlen noch besser zu verstehen"

 

 

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